Hilfe bei Neurodermitis: Hautsache wird zur Hauptsache

"Es ist zum aus der Haut fahren!", ruft der Lehrer und der Schüler bekommt eine Gänsehaut beim Gedanken an die Klassenarbeit. "In deiner Haut möchte ich jetzt nicht stecken", meint dazu verständnisvoll sein Freund. So viele versteckte Botschaften werden über die Haut mitgeteilt. Diese Liste ließe sich noch um ein Vielfaches erweitern: Vor Zorn oder Scham erröten, bleich werden vor Schreck, in Prüfungs- oder Stresssituationen hektische Flecken und bei Hormonumstellungen, z.B. in der Pubertät oder bei Ekelgefühl, Pickel bekommen. Daraus ist ersichtlich, wie wichtig unsere Haut ist.

Neben den technischen Daten (beim Erwachsenen beträgt die Oberfläche der Haut ungefähr 2 m², das Gewicht der Haut macht etwa 16% des gesamten Körpergewichts aus) sind die Funktionen der Haut von großer Bedeutung. Als Sinnesorgan nimmt sie Kälte- und Wärmereize auf und leitet sie ans Gehirn weiter. Über die Berührungen fungiert sie als Kontakt- und Kommunikationsorgan – übrigens das erste Sinnesorgan, welchen von Geburt an voll funktionsfähig ist. Jedes Kind bekommt in den ersten Lebensjahren über Haut- und Körperkontakt die entsprechende Zuwendung und das Gefühl für Sicherheit. Die Körpertemperatur wird über die Haut durch eine unterschiedliche Hautdurchblutung reguliert. Eine der wichtigsten Funktionen ist natürlich der Schutz des Körpers vor Bakterien und Austrocknung und die Abwehr von Körperfremden Stoffen aus der Umgebung. Neben dieser Vielzahl an wichtigen Aufgaben hat die Haut einen wesentlichen Anteil an Attraktivität und sozialer Kompetenz und spielt auch für das Selbstwertgefühl sowie soziale Beziehungen eine wichtige Rolle.

Starke Auswirkungen für die Betroffenen

Aus all dem Genannten wird ersichtlich, wie groß die Auswirkungen sind, wenn die Haut nicht in Ordnung ist, wie bei der Neurodermitis, und all die Funktionen, die sie eigentlich übernehmen soll, nicht in vollem Umfang geleistet werden können. Diese Problem haben viele Menschen – in der medizinischen Literatur schwanken die Angaben zwischen vier und 20 Prozent aller Kinder. Bezüglich der Gesamtzahl der Betroffenen spricht man von drei Millionen in Deutschland.

Merkmale der Erkrankung

Charakteristisch für die Neurodermitis sind der ausgeprägte Juckreiz und die extrem trockene und schuppende Haut, wobei es bei länger bestehender Krankheit auch zum Dünnerwerden der Haut oder auch zu einer Vergröberung der betroffenen Hautfelder kommen kann. Viele verschiedene Begriffe, wie z.B. endogenes Ekzem, atopische Dermatitis und atopisches Ekzem, werden für die Hauterkrankung verwandt. Verantwortlich für diese chronische Erkrankung ist eine angeborene Veranlagung für überempfindliche Reaktionen der Haut. Je nach Lebensalter können unterschiedliche Hautpartien befallen sein. Intervalle von relativ guten Hautzuständen wechseln sich ab mit Hautverschlechterungen. Während eines akuten Schubs ist die Haut als Zeichen des verstärkten entzündlichen Prozesses gerötet und geschwollen.

Häufig lassen die Symptome mit dem Älterwerden nach

Eine Heilung ist nach dem derzeitigen Kenntnisstand nicht möglich. Vorsicht bei allen, die solches versprechen! Andererseits sind aber aufgrund medizinischer Forschung große Fortschritte in der Behandlung der Neurodermitis erzielt worden. Auch besteht die große Chance, dass die Hauptsymptome sich mit dem Älterwerden verringern oder verschwinden. So kann davon ausgegangen werden, dass bei etwa 40 bis 80 % der betroffenen Kleinkinder die Hautsymptome in den ersten drei Lebensjahren von allein vergehen.

Bundesweite Neurodermitisschulungen

Ende der 90er Jahre haben sich acht große Zentren in der Bundesrepublik zusammengeschlossen. Ein gemeinsames Vorschungsprojekt mit dem Namen ‚Modellvorhaben zu besseren Vorsorge und Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit atopischem Ekzem (Neurodermitis)’, welches eine flächendeckende Etablierung von Neurodermitisschulungen zur Folge haben soll, wurde entwickelt und mit Unterstützung des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziales sowie der gesetzlichen Krankenkassen durchgeführt. Dies ist inzwischen erfolgreich abgeschlossen. An diesen Zentren werden weitere Neurodermitistrainer ausgebildet, um auch in Zukunft ambulante Neurodermitisschulungen für Kinder und Eltern sowie Jugendliche in Praxen oder Gesundheitszentren bundesweit wohnortnah anbieten zu können. Seit dem 20. Dezember 2006 gibt es eine gemeinsame Empfehlung der Spitzenverbände der Krankenkassen, die Kosten für Patientenschulungen nach §43 Abs. 1 Nr.2 SGB V für Kinder und Jugendlichen mit atopischem Ekzem zu übernehmen. In mehreren Kurseinheiten werden Themen wie Ursachen, Diagnostik, Prognose, Kratzalternativen, Stressbewältigung, Diät und vieles mehr besprochen. Fragen zur bedarfsgerechten Basispflege können geklärt, Salben, Bäder und juckreizlindernde Maßnahmen ausprobiert werden. Für die betroffenen Eltern ist auch ein Erfahrungsaustausch untereinander sehr wichtig.

Quelle: Allergikus 2/2007

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